zur Erinnerung

Abschied ist ein leises Wort

Staatsanwalt Jens Wegmarshaus

Staatsanwalt Peter Przybylski


Peter Przybylski * 26. September 1935 in Breslau;
† 30. März 2019
( 83 Jahre )
war ein deutscher Jurist und Publizist. Als Staatsanwalt kommentierte er im DDR-Fernsehen die Sendereihe "Der Staatsanwalt hat das Wort".

Der Sohn eines Autoschlossers und einer Krankenschwester kam 1946 mit seinen Eltern nach Pulsen. 1953 legte er an der Max-Planck-Oberschule Riesa das Abitur ab. Nach einer Lehre als Schmelzer im Stahl- und Walzwerk Gröditz 1953/54 studierte er bis 1958 Rechtswissenschaften an der Karl-Marx-Universität Leipzig. Im Abschlussjahr wurde er Mitglied der SED und Staatsanwalt in Zerbst.

Ab 1959 war Peter Przybylski Redakteur, später stellvertretender Chefredakteur der Zeitschrift "Neue Justiz". 1963 wurde er Staatsanwalt bei der Generalstaatsanwaltschaft der DDR, wo er ab 1964 - ab 1971 als Abteilungsleiter - die Aufgaben der Öffentlichkeitsarbeit wahrnahm. Er wirkte bei der Abfassung der Anklageschriften gegen den KZ-Arzt Horst Fischer und im Schauprozess gegen den abwesenden Hans Globke mit.

Peter Przybylski übernahm ab 1965 die fachliche Beratung der Sendereihe "Der Staatsanwalt hat das Wort" beim DFF sowie den einleitenden und abschließenden Kommentar. 1971 wurde er an der Humboldt-Universität zu Berlin mit der Arbeit "Kriterien und Konsequenzen verbrecherischer Normativakte, untersucht am Herrschaftssystem des faschistischen deutschen Imperialismus" zum Dr. jur. promoviert.


"Tollkühn war keiner von uns"

Vom Staatsanwalt, der im DDR-Fernsehen das Wort hatte, zur Kanzlei in Köpenick

Im Zusammenhang mit dem Vorgehen der DDR-Generalstaatsanwaltschaft gegen Erich Honecker im Winter 1989/90. Przybylski war deren Pressesprecher vor und nach der Wende bis zur Auflösung. Auch die in der Zeitung geäußerte Kritik an seinem Buch "Tatort Politbüro - die Akte Erich Honeckers" und dessen Zustandekommen hat er nicht vergessen. Nachdrücklich verweist Peter Przybylski auf das dort enthaltene Kapitel "Der Schießbefehl" und betont, er wisse, wovon er geschrieben habe. Schließlich habe er als Anwalt selbst drei ehemalige Grenzsoldaten verteidigt und dabei drei Prozesseinstellungen erreicht. Die Veröffentlichung des zum Bestseller avancierten Buches, so sein Autor, sei mit ausdrücklicher, schriftlicher Genehmigung des letzten von der Volkskammer gewählten Generalstaatsanwaltes der DDR erfolgt.

Er erinnert sich, wie groß das Theater war, dass ausgerechnet Peter Przybylski über Honecker und die Politbüromitglieder schreibt. "Es hat auch ein Ermittlungsverfahren gegen mich stattgefunden, das aber nicht halten konnte, weil ich diese Veröffentlichungen auf der Basis der DDR-Gesetze gemacht habe." Noch heute schmerzt es ihn: "Ich habe sehr viel, man kann schon sagen, Rufmord erfahren, nachdem der erste Band >Politbüro< erschienen war, und zwar, würde ich meinen, zu 99 Prozent von Leuten, die das Buch nie gelesen haben."

Peter Przybylski weiß, dass in der DDR kriminelle Taten von Seiten führender Funktionäre begangen worden sind. Das habe der Generalstaatsanwalt und das hätten auch seine Mitarbeiter gewusst. "Und wenn wir nur die Spur von Macht gehabt hätten, dagegen vorzugehen, hätten wir das getan", ist sich der Anwalt heute sicher "Wir konnten es nicht bei Strafe der Vernichtung unserer sozialen Existenz. Und tollkühn war keiner von uns. Ich war auch kein Held."

Als Beispiel nennt Przybylski die Affäre um einen sächsischen Antiquitätenhändler, dem Steuerhinterziehung in siebenstelliger Höhe nachgewiesen worden war.

Zu einem Prozess ist es dennoch nie gekommen. Eine damals in Westberlin lebende, sehr bekannte Schlagersängerin, die auch häufig in der DDR auftrat und sich höchster Gunst erfreute, war beim Staatsratsvorsitzenden vorstellig geworden. Sie gehörte zu den prominenten Kunden des Beschuldigten. Ein Anruf aus dem "Großen Haus" beim Generalstaatsanwalt genügte dann.

Im Rechtssystem der DDR habe es keine Gleichheit vor Gericht gegeben. Das Grundrecht, daß der Bürger auch die Möglichkeit hat, gegen seinen Staat vor Gericht zu ziehen, existierte praktisch nicht. Peter Przybylski, wie alle Mitarbeiter der DDR-Generalstaatsanwaltschaft nach der Vereinigung entlassen, bedauert, damals nicht mehr Mut gehabt zu haben. "Das Grundübel, an dem wir alle gelitten haben, war dieser Opportunismus, sich so zu verhalten, wie es gerade erwünscht war "

Der ehemalige Fernsehstaatsanwalt, der seit 1965 etwa 140 Kriminalfälle auf dem Bildschirm behandelt hatte, bekundet: "Ich habe tief an den Sozialismus geglaubt."


© infos-sachsen / letzte Änderung: - 17.07.2023 - 09:04